Digitale Zeiten
Arbeit und Wissen im Umbruch
Öffentliche Ringvorlesung
Das Studium Generale an der Bergischen Universität lädt im Wintersemester 2018/19 zu einer öffentlichen Ringvorlesung zum Thema Digitalisierung von Arbeit und Wissen.
Digitalisierungsphänomene bestimmen aktuell zahllose Buchtitel, Medientexte und Förderprogramme. In arbeitsmarkt-, wirtschafts- und bildungspolitischen Diskussionen verbindet sich das Schlagwort der Digitalisierung zusammen mit dem Kürzel 4.0 mit Appellen zur Anpassung an das vermeintlich neue Zeitalter. Prognosen zur Substituierung von Arbeitstätigkeiten entfachen einerseits Ängste und verheißen andererseits neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Noch ist nicht vorhersehbar, welche Formen und Prinzipien der gesellschaftlichen Organisation von Arbeit und Wissen die digitalen Zeiten prägen, ob sich Kontinuitäten im Wandel durchsetzen werden.
Zum Auftakt der Ringvorlesung erfolgt am Beispiel zweier Filmklassiker eine filmwissenschaftliche Einbettung früher Mensch-Maschine-Interaktionen. Die sich anschließenden Vorträge beschäftigen sich mit den Fragen, welche Auswirkungen die neue digitale Arbeitswelt auf die Beschäftigten hat und wie sich Interessensvertretungen im Zeitalter Industrie/Arbeit 4.0. gestalten lassen.
Die Digitalisierung wirft auch Fragen nach neuen Formen der Wissensaneignung auf. Wie verändern sich die Stätten der Wissensproduktion? Wie lässt sich Bildung in einer digital geprägten Kultur denken?
Die Ringvorlesung öffnet den Raum für eine kritische Reflexion der mit dem Topos der Digitalisierung verbundenen Umbrüche in Arbeit und Wissen.
Begleitseminar zur Ringvorlesung
Das Seminar fokussiert auf die beiden Bereiche, die sich infolge der Digitalisierungsprozesse besonders im Umbruch befinden: Arbeit und Wissen. Die vom Taylorismus und Fordismus geförderten Arbeitsdynamiken haben zu einem bestimmten Verhältnis zwischen Technologie und Öffentlichkeit geführt, durch welche eine problematische Verbindung der Arbeitsleistungen zu Überwachungsmechanismen entstanden ist (Staab 2015). Ähnliches passiert auch im Bildungsbereich, in dem eine ebenso dramatische Gegenüberstellung zwischen zweckfreier Bildung und kompetenzorientierter Leistung wahrzunehmen ist (Heid 2018). Das Kino, als "Auge des XX. Jahrhunderts", wird im Seminar eine begleitende analytische Perspektive darstellen. Thematisiert werden soll insbesondere seine Funktion in der Entstehung, der kritischen Beobachtung und der Reproduktion der genannten Dynamiken (Rustemeyer 2013, Stephens 2011; Minden 2000).
Seminarleitung: Pia Rojahn und Dorotea Sotgiu
Programm
Spielfilm von Charlie Chaplin (USA 1936)
Ursula von Keitz, Potsdam
Spielfilm von Fritz Lang (D 1927)
15. November 2018 Exklusive Solidarität? Fragen an die digitale Arbeitswelt
Eva Bockenheimer, Siegen
Serie von Lars Lundström (Schweden 2012)
13. Dezember 2018 Augmented Reality – Disruptionen der Wissensaneignung
Heinz-Reiner Treichel, Wuppertal
10. Januar 2019 Bildung in einer digital geprägten Kultur: Zwischen Euphorie und Widerstand
Petra Grell, Darmstadt
17. Januar 2019 Lesen im digitalen Umbruch
Gerald Hartung, Wuppertal
24. Januar 2019 HUMAN_MACHINES
Karin Priem, Luxemburg (Der Vortrag musste leider entfallen)
31. Januar 2019 künstliche menschen
Dirk Rustemeyer, Trier
18. Oktober 2018
Modern Times
Spielfilm von Charlie Chaplin (USA 1936)
Die Veranstaltungsreihe begann mit der Vorführung von Charlie Chaplins Filmklassiker, gefolgt von einer filmwissenschaftlichen Interpretation des frühen Mensch-Maschine-Verhältnisses.
25. Oktober 2018
Chaos, Choreographie und Komik
Zu den Ambivalenzen der Mensch-Maschine-Interaktion in MODERN TIMES UND METROPOLIS
Ursula von Keitz, Potsdam
Umfassende technologische Veränderungsprozesse und ihre gesellschaftlichen Implikationen werden seit jeher nicht nur in der Wissenschaft reflektiert. Insbesondere in der Kunst werden ihre Auswirkungen häufig vorweggenommen: Charlie Chaplins Modern Times und Fritz Langs Metropolis stehen für eine kritische fiktionale Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Umbrüchen infolge technischer Innovation. Prof. Dr. Ursula von Keitz reflektierte in ihrem Vortrag am Beispiel der beiden Filmklassiker das ambivalente Verhältnis von Mensch und Maschine aus filmwissenschaftlicher Perspektive.
08. November 2018
METROPOLIS
Spielfilm von Fritz Lang (D 1927)
Im Anschluss an die von Prof. Dr. Ursula v. Keitz präsentierte filmwissenschaftliche Reflexion zu den Ambivalenzen der Mensch-Maschine-Interaktion in Filmklassikern des frühen 20. Jahrhunderts wurde in der Ringvorlesung der Film "Metropolis" von Fritz Lang gezeigt.
15. November 2018
Exklusive Solidarität? Fragen an die digitale Arbeitswelt
Eva Bockenheimer, Siegen
In aktuellen Debatten über die Digitalisierung werden sehr unterschiedliche Zukunftsszenarien entworfen; es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sie auch innerhalb der Gewerkschaften als widersprüchlicher Prozess wahrgenommen wird. Zum einen droht eine Rationalisierungsstrategie, die sich negativ auf Beschäftigung, Entgelte und Arbeitsbedingungen auswirken könnte, zum anderen birgt die Digitalisierung ein Humanisierungspotential, das im Betrieb und in der beruflichen Bildung befördert werden kann. Dr. Eva Bockenheimer sprach in Ihrem Vortrag über die Auswirkungen der neuen digitalen Arbeitswelt auf die Beschäftigten, insbesondere über die Herausforderungen für deren Interessenvertretungen.
29. November 2018
Real Humans
Serie von Lars Lundström (Schweden 2012)
"Im Vergleich mit den apokalyptischen Endzeitvisionen der "Terminator"- Filmreihe (1984-2009), der "Matrix"-Trilogie (1999-2003) oder der TV-Serie "Battlestar Galactica" (2003-2009), die den Konflikt zwischen Mensch und Maschine als biopolitische Entscheidungsschlacht erzählen, geht es in "Real Humans" in einer weit weniger spektakulären Inszenierung um die sukzessive Herausarbeitung der Verkennung des Menschen als gebieterischem Subjekt über die Dinge und Maschinen - der Hubot, so wäre frei nach Lacan zu formulieren, erweist sich dabei als der Spiegel, der zurückschaut."
Lars Koch: "Real Humans" - Überbietung des Menschen. In: POP. Kultur und Kritik 5 (2014): 24-35, zit. 28.
13. Dezember 2018
Augmented Reality – Disruptionen der Wissensaneignung
Heinz-Reiner Treichel, Wuppertal
Mit einer Livedemonstration Virtual Reality von Dominic Fehling
Trendwörter wie Augmented und Virtual Reality - als spezifische Ausprägungen einer digitalen Transformation - sind seit einigen Jahren weit über den Bereich Games & Entertainment präsent. Welche Bedeutung diesen digitalen Realitäten durch die Anwendung im Bildungskontext zukommt, wurde im Rahmen des Vortrages von Prof. Dr. Heinz-Reiner Treichel nicht nur frontal präsentiert, sondern interaktiv erfahrbar gemacht. Anhand eines Praxisbeispiels zeigt Dominic Fehling vor Ort, wie schon jetzt Augmented und Virtual Reality zu Lehr- und Lernzwecken eingesetzt werden, welche Erfahrungen und Erkenntnisse sich aus diesem Einsatz ergeben haben und wie eine Vision des Lernens in der Zukunft aussehen könnte.
10. Januar 2019
Bildung in einer digital geprägten Kultur: Zwischen Euphorie und Widerstand
Petra Grell, Darmstadt
Prof. Dr. Petra Grell erörterte in Ihrem Vortrag, welche Herausforderungen sich im Bildungsbereich durch die Omnipräsenz digitaler Medien in der Alltagswelt stellen. Diskutiert wurde insbesondere, welche Fähigkeiten Heranwachsende und Erwachsene benötigen, um in einer digital geprägten Kultur verantwortlich zu handeln und diese Kultur mitgestalten zu können.
17. Januar 2019
Lesen im digitalen Umbruch
Gerald Hartung, Wuppertal
Was tun wir, wenn wir lesen? In welchen Zustand versetzt uns das Lesen? Und was steht auf dem Spiel, wenn wir nicht mehr im Format des Buches, sondern im digitalen Format lesen? Prof. Dr. Gerald Hartung unternahm in seinem Vortrag eine Spurensuche zur Kultur des Lesens und forderte mit seinen Mutmaßungen zur Zukunft des Lesens auch Kulturpessimisten zur Diskussion heraus.
31. Januar 2019
künstliche menschen
Dirk Rustemeyer, Trier
An drei Beispielen "künstlicher Menschen" - einem Bild, einer Filmfigur und einem Roboter - ging Prof. Dr. Rustemeyer in seinem Vortrag der Frage nach, wie die "Digitalisierung" das Bild verändert, das Menschen von sich selbst entwerfen. "Sich selbst" versteht der Mensch, indem er sich eine symbolische - eine künstliche, artifizielle - Form gibt, über die er sich zur Welt, zu anderen und zu sich selbst ins Verhältnis setzt. Ohne Darstellungen gelingen keine Reflexionen, die Vertrautheit mit Fremdheit verknüpfen.